Alfredo Cospito hat seinen seit dem 20. Oktober geführten Hungerstreik beendet

Eine Text von Gefährten, der derzeit in Italien kursiert. 

Am Mittwoch, den 19. April 2023, beendete der Anarchist Alfredo Cospito den Hungerstreik, den er 181 Tage zuvor, am 20. Oktober 2022, im Gefängnis von Bancali auf Sardinien begonnen hatte. Der Genosse, der derzeit in der Abteilung für Gefängnismedizin des San Paolo Krankenhauses in Mailand inhaftiert ist, befand sich sechs Monate lang im Hungerstreik gegen das durch Artikel 41bis der Gefängnisordnung festgelegte Haftregime (in das er am 5. Mai 2022 verlegt worden war) und gegen die lebenslange Freiheitsstrafe, die am Ende des Scripta Manent Prozesses die endgültige Strafe für den Genossen zu sein drohte.

Die Unterbrechung des Hungerstreiks erfolgt im Anschluss an die Anhörung vom 18. April in Rom vor dem Verfassungsgericht, in der anerkannt wurde, dass bei allen Verurteilungen für Straftaten, die mit einer lebenslangen Haftstrafe geahndet werden, strafmildernde Umstände gegen einen erneuten Straftatbestand vorliegen. Dies ist der Fall bei Alfredo, denn mit der Umqualifizierung (durch den Kassationsgerichtshof am Ende des Scripta-Manent-Prozesses) der Anklage bezüglich des doppelten Sprengstoffanschlags auf die Kadettenkaserne der Carabinieri in Fossano am 2. Juni 2006 von “gewöhnliches Massaker” (Art. 422 c. p.) in “politisches Massaker” (d.h. “Massaker zum Zwecke des Angriffs auf die Sicherheit des Staates”, Art. 285 des italienischen Strafgesetzbuches), droht den Genossen Alfredo Cospito und Anna Beniamino eine lebenslange bzw. 27-jährige Haftstrafe, wie von der Turiner Staatsanwaltschaft beantragt.

Was in den letzten Tagen geschehen ist, ist sicherlich kein “Sieg” für den Rechtsstaat oder eine “Rückkehr” zu den Prinzipien der Verfassung, sondern ein Ergebnis des Hungerstreiks und der internationalen Solidaritätsbewegung, die sich in den letzten 11 Monaten entwickelt hat.

Mit der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe und der Verhängung von 41bis wollte der Staat Alfredo Cospito lebenslang ins Gefängnis stecken. Diese Absicht haben der Staat und seine Repressionsapparate nun vorerst nicht erreicht, auch wenn der Genosse weiterhin unter 41bis inhaftiert ist.

In den letzten Monaten hat der Genosse sein Leben riskiert und riskiert es auch weiterhin in dieser neuen und heiklen Phase der langsamen Erholung seiner Fähigkeit, sich selbst zu ernähren. Der Genosse hat bereits vermutlich bleibende neurologische Schäden erlitten, die insbesondere im peripheren Nervensystem lokalisiert sind (er hat die volle Sensibilität in einem Fuß verloren, der andere Fuß hat eine verringerte Sensibilität und eine Hand hat begonnen, ähnliche Symptome zu zeigen). Die Fortsetzung des Hungerstreiks in der Art und Weise, wie er über viele Monate hinweg geführt wurde, brachte ihn objektiv in die Gefahr eines fortschreitenden und dauerhaften körperlichen Verfalls mit mehr oder weniger schwerwiegenden Folgen, die primär in einer weiteren Beeinträchtigung des Nervensystems bestehen, und nicht in der unmittelbare Gefahr eines plötzlichen Todes, der durch die Überwachung im Krankenhaus wahrscheinlich vermieden worden wäre.

In diesem Hungerstreik hat Alfredo immer betont, dass er nicht nur für sich selbst, sondern für alle Gefangenen unter 41bis gekämpft hat und darüber hinaus, um Solidarität mit den in der ganzen Welt inhaftierten Anarchisten, Kommunisten und Revolutionären zu entwickeln. Und in diesen sechs Monaten des Streiks wurde die Solidarität mit Alfredo in den Gefängnissen auf der ganzen Welt zum Ausdruck gebracht, vor allem durch anarchistische und revolutionäre Mitgefangene, die sich in Italien, Frankreich, Chile, Griechenland, Großbritannien, Spanien und Deutschland solidarisiert und gekämpft haben, indem sie ihrerseits in den Hungerstreik getreten sind, Solidaritäts-Initiativen-und-Fasten durchgeführt und Erklärungen und Analysen veröffentlicht haben. Eine Solidarität schließlich, die insbesondere in Italien auch von anderen Gefangenen – nicht nur von inhaftierten Anarchisten und Revolutionären – in vielfältiger Form zum Ausdruck gebracht wurde.

Die autoritäre Wende, ein Ausdruck des Kapitalismus in seiner neoliberalen Ausprägung, der sich derzeit in der Krise befindet, hat zu einer massiven Repression gegen Anarchisten geführt und wird dies auch weiterhin tun; eine Repression, die – wie wir in den letzten Jahren beobachten konnten – auf die ausgebeuteten sozialen Schichten übergegriffen hat, die am meisten unter der sozialen und ökologischen Krise leiden. Aber die Warnung, die der italienische Staat der anarchistischen Bewegung zukommen lassen wollte, wurde mit Entschlossenheit und Konsequenz an den Absender zurückgesendet. Diese sechs Monate des Hungerstreiks haben die Isolation von Alfredo und allen inhaftierten Genossen verhindert. In diesen langen Monaten ist eine Bewegung der internationalen revolutionären Solidarität entstanden, die – schon vor dem 20. Oktober und, da sind wir sicher, auch nach diesem 19. April – in der Lage war und sein wird, den Sinn und die Perspektive unserer Ideen und Praktiken zu bekräftigen. Eine Bewegung, die seit dem Beginn des Hungerstreiks bis zum bitteren Ende konsequent gewachsen ist und dabei alle Hypothesen von Kompromissen zurückgewiesen hat, wird das Bewusstsein der Solidarität weiterentwickeln.

DIE GEFANGENEN DES SOZIALEN KRIEGES ZU VERGESSEN BEDEUTET, DEN KRIEG SELBST ZU VERGESSEN: REVOLUTIONÄRE SOLIDARITÄT MIT ALFREDO COSPITO UND ALLEN INHAFTIERTEN ANARCHISTEN UND REVOLUTIONÄREN.

20. April 2023

Übersetzt aus dem Italienischen.