Für eine Welt ohne Gefängnisse und ohne die Gesellschaft, die sie hervorbringt

Neapolitanischen Versammlung gegen Gefängnisse und Repression

Am 28. März wurde der anarchistische Genosse Zac im Rahmen eines noch laufenden Ermittlungsverfahrens wegen 270bis (subversive Vereinigung zu terroristischen Zwecken), an dem 13 weitere Personen beteiligt waren, zunächst auf Anordnung der Staatsanwälte Antonio Ardituro und Gianfranco Scarfò, und dann unter der Leitung des Staatsanwalts Maurizio De Marco, vorläufig festgenommen. Zac wurde wegen einer Brandstiftung am 4. März 2021 vor dem griechischen Konsulat in Neapel, als Teil der Solidaritätskampagne mit dem revolutionären Gefangenen Dimitris Koufontinas, der sich zu dieser Zeit in einem Hungerstreik in einem griechischen Gefängnis befand, von der Staatsanwaltschaft angeklagt.

Am 3. April wurde Zac aus dem Gefängnis von Secondigliano in die Hochsicherheitsabteilung (AS2) des Gefängnisses von Terni verlegt und befindet sich in einer Zelle mit Juan, einem anderen Anarchisten, der vom Gericht von Treviso in zweiter Instanz zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde, weil ihm ein Sprengstoffanschlag auf das Hauptquartier der Lega Nord in Villorba (Treviso) zur Last gelegt wird. Das heißt, gegen diejenigen, die für den Tod von Tausenden von Migranten verantwortlich sind, die im Mittelmeer versinken, und für ein Sicherheitsdekret, das die möglichen Strafen für Streikposten und Straßenblockaden auf 12 Jahre erhöht hat. Berüchtigte Verfechter eines rechtsgerichteten Sicherheitswahns, der sich mit dem stumpfsinnigsten linksgerichteten giustizialismo paart, als ununterscheidbare Gesichter einer zunehmend karzinogene Gesellschaft.

Wir möchten daher unsere Solidarität und Komplizenschaft mit Zac und Juan bekräftigen, mit denen, die das ökonomisch-politische System der Gefängnisse und Grenzen angreifen, und mit jedem, der sich gegen die Zumutungen dieser Gesellschaft auflehnt. Immer an der Seite derer, die kämpfen, und gegen diejenigen, die sich bereichern, indem sie den Wind des Krieges wehen lassen. Gegen diejenigen, die glauben, eine techno-militärische Zukunft der totalen Kontrolle bereits geschrieben und verordnet zu haben, die die atomare Guillotine über unseren Köpfen jeden Tag ein bisschen mehr herunterlassen und den permanenten Ausnahmezustand (Covid, Terrorismus, Klima, Krieg, Einwanderung) als Regierungstechnik einsetzen. Aber ohne mit der Unberechenbarkeit des Lebendigen gerechnet zu haben, das sich in keine vordefinierte und endgültige Kalkulation pressen lässt. Dass ihre Berechnungen nicht aufgehen, zeigen die Flüsse, die über die Ufer getreten sind und die jahrelange Zementierung der Natur und die skrupellose Umweltpolitik an die Oberfläche gebracht haben, ebenso wie der tägliche Widerstand in den staatlichen Lagern (Gefängnisse, CPRs und dergleichen). Der Ruf nach mehr Wachpersonal und Spezialeinheiten durch uniformierte Staatsbedienstete wird nicht ausreichen, um das Unvorhersehbare zu verhindern. Genauso wenig wird der klägliche Versuch helfen, anarchistische Tendenzen als pathologisches “Verhalten” dysfunktionaler Persönlichkeiten zu psychiatrisieren. Dysfunktional sind wir sicherlich, aber es gibt keine rechtliche oder psychologische Kategorie, die uns in ihren Griff zwingen kann oder sich gar anmaßen kann, definieren zu können, wer wir sind, was wir tun und was wir wollen.

Gegen diejenigen, die für die Verwüstung ganzer Landstriche verantwortlich sind, die Garanten für die Befriedung jedes sozialen Konflikts und die Waffenträger des Krieges gegen die Natur und die Armen. Lobotomische Funktionäre und religiöse Soldaten der grauen Armee der freiwilligen Knechtschaft. Unzufriedene Größenwahnsinnige, die wissenschaftliche Innovation mit göttlicher Schöpfung und das hölzerne Gesetz der Gerechtigkeit mit der Gnade des Himmels verwechseln. Fanatische Kreuzritter an der Front des zum Glauben auserkorenen technologischen Fortschritts, der jeden nicht-maschinellen Rest von Selbstorganisation und Selbstbestimmung auslöschen will, der jeden subversiven und nachvollziehbaren Gehalt der Geschichte in einer ewigen Gegenwart des blinden Fortschritts zermalmen möchte, der in seiner expansiven Logik immer nur sich selbst entspricht, in der es weder Zeit noch Raum gibt, sich eine andere Zukunft vorzustellen und zu ersehnen. Aber viele der Revolutionäre, die jahrzehntelang im Gefängnis von Terni inhaftiert waren, machen die Erinnerung an Kämpfe, die man am liebsten zum Vergessen verurteilen würde, irreduzibel.

Die Erbauer der Waffen und Zerstörer der Träume. Sie sind es, die sich in Wirklichkeit bedroht fühlen. Der Funke der Solidarität, der die wirtschaftlichen Interessen, die politische Ordnung, den bürgerlichen Gehorsam und die militärischen Errungenschaften bedrohen könnte, ist in Wirklichkeit das Hauptziel der repressiven – oft präventiven – Angriffe auf Anarchisten. Der Vorwurf der sozialen Gefährlichkeit, mit dem der Staat die Anarchie als radikal praktisches Denken endgültig verbieten und neue repressive Maßnahmen rechtfertigen möchte, ist nichts anderes als ein plumper Versuch, die Explosion von Netzwerken und Praktiken der Solidarität zwischen und gegenüber denjenigen, die in dieser Welt rebellieren, zu verhindern und zu bestrafen. Dies gilt insbesondere für die Solidarität mit Alfredo, einem anarchistischen Gefangenen, der 2012 die Verletzung des damaligen Vorstandsvorsitzenden von Ansaldo Nucleare verursachte, einem der Verantwortlichen für die Produktion des atomaren Todes. Vom sardischen Gefängnis Bancali bis zum Mailänder Gefängnis Opera hat Alfredo mit einem sechsmonatigen Hungerstreik gegen die lebensfeindliche Haft und den 41bis gekämpft, die nur “der äußerste Härtegrad der Raserei der differenzierten Regime sind: Gefängnisse, in denen die ständige Isolation und die Überfüllung der gemeinsamen Abteilungen die zwei Gesichter eines Systems sind, das darauf abzielt, den Einzelnen zu vernichten. Gefängnisse, in denen reale Massaker stattfanden und stattfinden: bei der Unterdrückung der Aufstände von 2020, bei den zahlreichen Selbstmorden, bei der Behandlung der ärmsten und schwächsten Gefangenen als ‘Restmaterial’ der herrschenden techno-kapitalistischen Gesellschaft” (Zitat von Anna, einer anarchistischen Gefangenen im Gefängnis von Rebibbia).

Der Kampf gegen den 41bis endete nicht mit dem Ende des Hungerstreiks von Alfredo, der immer noch diesem berüchtigten Regime unterworfen ist. Wir glauben auch nicht, dass der “demokratische” und wohlüberlegte Protest gegen dieses Instrument der Todesstrafe, das als legitim angesehen wird, wenn es auf so genannte Mafiabosse angewandt wird, denen der Staat die Hand schüttelt und sie dann in eine Gruft sperrt, aus der man nur durch Abschwörung und Reue herauskommt, d.h. indem man seine Freiheit mit der eines anderen tauscht, ausreicht; oder die heuchlerische Humanität derjenigen, die unter Berufung auf die Verfassungswidrigkeit der härtesten Regime ein “gerechteres” Gefängnis als Ort der Umerziehung fordern (Aber zu was denn? Zu den Grundsätzen einer Gesellschaft, die Tod und Verwüstung in allen Breitengraden produziert?)

Der 41bis und die lebenslänglichen Haftstrafen sind die Spitze des Eisbergs eines Gefängnisuniversums der physischen und psychischen Vernichtung, das von Grund auf abgerissen werden muss. Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass die Rettung der Fassade der Demokratie durch die Abschaffung ihrer blutigsten Auswüchse die Welt nicht zu einem freieren Ort machen wird. Wir sind überzeugt, dass das Gefängnis selbst, und nicht nur seine Auswüchse, das unreformierbare Produkt einer unterdrückerischen Gesellschaft ist.

An ihrer Spitze steht die Anti-Mafia- und Anti-Terror-Justiz mit ihrer vermeintlichen Unantastbarkeit, die sich durch die Aufstellung hochtrabender Theorien unantastbare politische Macht, hohen Medienruhm, fette Karrieren und Geld im Überfluss verschafft. Mit dem Ausbruch des Krieges zwischen den westlichen Imperialisten und den Russen und der daraus resultierenden Verschärfung der wirtschaftlichen “Krise” hat die Repression zugenommen, um jeden potenziellen innerstaatlichen Konflikt einzudämmen, auch dank der Beschleunigung der sozialen Befriedung, die durch die hyperautoritäre Verwaltung der Covid Pandemie mit Maßnahmen erfolgte, die bis dahin als inakzeptabel galten, wie Abriegelungen, Ausgangssperren, grüne Pässe, Impfpflicht, Demonstrationsverbote. Pandemie, Nuklearwaffen, Kriegswirtschaft: Dies waren die Terrains, auf denen die Kontrolle über die Bevölkerung nach militärischer Logik erprobt wurde, um jeder Form von Opposition durch die Anwendung von Notstandsinstrumenten der Massenreglementierung den Gnadenstoß zu versetzen. Gerade die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Instrumente ermöglichte es, diejenigen zu isolieren und zu stigmatisieren, die sich nicht an ein erstickendes und unmenschliches System anpassen wollten. Dies hat es dem Staat ermöglicht, sich der wenigen Heucheleien zu entledigen, die er garantiert, und eine gnadenlose Jagd auf jene politischen Minderheiten zu eröffnen, die in der Wüste, die sie Gesellschaft nennen, weiterhin eine abweichende Stimme haben. Es ist kein Zufall, dass im letzten Jahr Arbeiter, Studenten, Gewerkschaftsorganisationen, Arbeitslose und soziale Bewegungen schweren Angriffen der Justiz ausgesetzt waren, mit Anklagen, Verurteilungen und Verhaftungen, wie die von sieben Gewerkschaftern der Basisorganisationen, deren Kampf für bessere Arbeitsbedingungen mit dem Verbrechen der “Erpressung” gleichgesetzt wurde, und die Wutausbrüche während der Covid-Zeiten, die mit dem “erschwerenden Umstand” angeklagt wurden (zum Beispiel anlässlich der Riots im Oktober 2020 in Neapel). Peinliche sprachliche Purzelbäume, die durch die Verschmelzung von Anti-Terrorismus und Anti-Mafia hervorgerufen werden.

Heute erfahren wir mit unseren eigenen Sinnen, wie das allmähliche Verschwinden von gesellschaftlichen Konfliktlinien die Lebensbedingungen verschlimmert und Ausbeutungs- und Kontrollsysteme sowie Leiden und Not genährt hat.

Während der Ausnahmezustand des islamischen Terrorismus, des revolutionären Terrorismus und des Mafia-Systems die Hälfte der italienischen Gefängnisse füllt, werden inzwischen ganze Gemeinschaften von Muslimen und Südländern, ihre Beziehungs- und Arbeitsnetze, ihr materielles und kulturelles Überleben, ihre Solidarität, ihre Widerspenstigkeit (gegenüber dem Staat) kriminalisiert, in erster Linie, weil sie historisch gesehen Migranten und Kolonisierte sind: arm, erpressbar, ausbeutbar und daher verurteilbar. Und gleichzeitig werden revolutionäre Kritik und Gewalt durch die infame Rhetorik anti-anarchistischer journalistisch-juristischer Untersuchungen zur Schau gestellt, indem konsumierbare Kamerabilder konstruiert werden, die jedes kritische Konzept auslöschen, während das Teilen der gleichen Ideale in der juristischen Kategorie der “terroristischen Vereinigung” erstickt wird. 

Der Staat schlägt die Anarchisten nicht unbedingt und nicht nur wegen der tatsächlichen Anstößigkeit oder Risikobereitschaft, die diese selbst in den dunkelsten Momenten der jüngeren Geschichte dieses Landes gezeigt haben, sondern auch und gerade als Warnung und als Laboratorium repressiver Praktiken, mit denen jede Form von Dissens und jede Individualität, die sich der Auslese widersetzt, liquidiert werden soll. Schließlich ist es das unerbittliche Schicksal des Königs, auf Schritt und Tritt nackt zu bleiben. So sehr die demokratische Heuchelei Autorität und Freiheit um jeden Preis, mit der Peitsche in der Faust und dem Zuckerbrot in der Hand, unter einen Hut bringen möchte, sie bleiben völlig unvereinbar. Allein die Anstrengung der Logik genügt, um dies zu erkennen. Die systematische Lüge, die zum Staat wird, steht im Dienst der Macht der Wenigen und hat daher nichts mit Freiheit zu tun. Deshalb erkennen wir die Unterscheidung zwischen schuldig und unschuldig nicht an und scheren uns nicht darum, denn sie ist ein würdiges Produkt dieser Kultur, reine Willkür der Inquisition und die verbale Falle einer manipulativen Sprache, die kunstvoll konstruiert wurde, um jahrelange Gefängnisstrafen auf diejenigen niederprasseln zu lassen, die sich nicht richtig angepasst haben.

Brechen wir die von der Technokratie auferlegte Isolationshaft, die die Körper einsperrt und die Köpfe militarisiert, innerhalb und außerhalb der Mauern dieses Freiluftgefängnisses. Sie werden niemals über das Leben derer verfügen können, die die Freiheit in sich tragen und sie hier und jetzt in Jahren des Kampfes, der Liebe und der Wut geteilt haben.

Für eine andere Welt als diese und ein Leben ohne Chefs, Bullen und Gitter.

An der Seite aller Revolutionäre und revolutionären Gefangenen in den Gefängnissen auf der ganzen Welt.

Bis jeder Käfig zerstört ist.

NEAPOLITANISCHE VERSAMMLUNG GEGEN GEFÄNGNIS UND REPRESSION

25 JUNI 2023, 15:00

VERSAMMLUNG AM GEFÄNGNIS VON TERNI

Update zu Zac: Die Kassationsanhörung über das Ergebnis der erneuten Prüfung vom 6. April, bei der die Untersuchungshaft von Zac bestätigt wurde, ist für den 20. September in Rom angesetzt worden.

Schreibt an Zac:

Marco Marino

C. C. von Terni

strada delle Campore 32

05100 Terni

Übersetzt aus dem Italienischen von Bonustracks.