Valerio Romitelli
Ein Entwurf zu Carl von Clausewitz gestern und heute
1. Was könnte zwei so weit voneinander entfernte Persönlichkeiten wie einen strengen, reaktionären deutschen Juristen, der zwischen den 1920er und 1960er Jahren wirkte und zudem voll in das verheerende nationalsozialistische Unheil verwickelt war, und einen französischen Philosophen miteinander verbinden? Letzterer ein Strukturalist (im Herzen der 1960er Jahre), dann auch ein Poststrukturalist, stolz schwul, aktiv bis zu seinem Tod (1984), mehr oder weniger im Einklang mit den verschiedenen Bewegungen des sozialen Kampfes, die damals in Frankreich, Italien, aber auch anderswo, wie im Iran der antischiitischen Revolution, existierten?
Ich spiele hier auf Carl Schmitt und Michel Foucault an, die nicht nur zu den meistgelesenen und meistkommentierten Autoren von politischer Relevanz seit den 1970er Jahren gehören, vor allem in Italien und vor allem auf der Linken, sondern die sich überraschenderweise in einer entscheidenden strategischen Idee bezüglich der Beziehung zwischen Krieg und Politik einig sind. Beide berufen sich in ihren jeweiligen Werken von gelinde gesagt monumentalen Ausmaß und Nachhall nämlich zufällig auf das archaische Axiom von Carl von Clausewitz: “Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln” [1] Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass beide bei dieser Gelegenheit, ohne Wissen des anderen, die These aufstellten, dass dieser Ausspruch nur dann gültig bleibt, wenn man ihn umkehrt. Die gemeinsame Schlussfolgerung lautet also, dass die Politik eine Fortsetzung des Krieges ist und nicht umgekehrt [2].
Weit davon entfernt, auf eine rein terminologische Frage oder eine akademische Kuriosität reduziert werden zu können, kann diese Umkehrung der Perspektive stattdessen als ein sehr bedeutsamer problematischer Knotenpunkt vieler Auseinandersetzungen akzeptiert werden, die innerhalb der vielfältigen Galaxie der antikapitalistischen Militanz noch immer im Gange sind; und insbesondere angesichts der jüngsten Auseinandersetzungen, die um die wachsende Gefahr eines Konflikts in der Dritten Welt entstanden sind, der nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine und der von der NATO im Übermaß gewährten Kriegsunterstützung zu Gunsten der Ukraine an Brisanz gewonnen hat. Die Überlegungen zur Frage der “Fatalität des Krieges”, wie Freud sie nannte, die der Autor in dem in “Machina” veröffentlichten Artikel Per un pacifismo disincantato begonnen hat, werden daher hier fortgesetzt.
Fragen wir uns also, was es bedeutet, im Einklang mit Schmitt und Foucault zu glauben, dass am Ursprung der Politik der Krieg steht und nicht umgekehrt. Um sich im Labyrinth der enormen Literatur zu diesem Thema nicht zu verirren, wollen wir versuchen, einige Punkte zu umreißen. Um es gleich vorweg zu sagen: Die Umkehrung des alten und legendären Ausspruchs des preußischen Generals, der ein Feind Napoleons war und von den Marxisten so geliebt wird, hat eine ganz klare Absicht: die Infragestellung und Ablehnung jeder positiven und konstruktiven Vision von Politik als einer verbindenden und vereinigenden Tätigkeit. Die von Schmitt und Foucault gepredigte Umkehrung (wenn auch in einem ganz anderen Sinne, wie wir gleich sehen werden) stimmt also zumindest in einem Punkt überein: dass man nichts mehr von einer Politik wissen will, die als eine möglicherweise schöpferische, glückliche, erfinderische Erfahrung verstanden wird, die im Wesentlichen eine Erfahrung des Teilens ist, d.h. mit einer Begrifflichkeit wie Pόlis (Πόλις) aus dem antiken Griechenland übereinstimmt. Sowohl der deutsche Jurist als auch der französische Philosoph betrachten die Politik aber vor allem als einen Schauplatz, der eher verbirgt und mystifiziert als offenbart oder enthüllt. Vor, hinter und in ihr. Diese beiden Autoren sind davon überzeugt, dass es immer einen fundamentalen Gegensatz gibt, der in erster Linie zerstörerische Folgen hat: einen fundamentalen und irreduziblen Gegensatz, wie er im Altgriechischen mit dem Begriff Pólemos (Πόλεμος) ausgedrückt wird. So gesehen wäre alles, was sich als eine auf Vereinigung, Zusammenführung oder kollektive Konvergenz abzielende Erfahrung darstellt, nur eine Art von Nebenerscheinungsform, deren tatsächliche Triebkräfte nichts anderes als Zwistigkeiten, Konflikte, mehr oder weniger latente Kriege wären. Pol/itica leitet sich also nicht so sehr von Pόl/is, sondern von Pól/emos ab.
2. Dennoch bleibt der gravierende Unterschied zwischen Schmitts und Foucaults unterschiedlichem Verständnis von Krieg bzw. Politik zu betonen.
Für den Ersteren machen beide Dimensionen nur Sinn, solange sie auf eine Sphäre der rechtlichen und staatlichen Souveränität zurückgeführt werden können. In der Tat verstand sich der Nationalsozialismus – für den dieser immerhin große Anhänger des Jus Publicum Europaeum (wie er sich selbst nannte) als Soldat endete – stets als der eifrigste Hüter der öffentlichen Institutionen, die er im Namen des Führerprinzips radikal umgestaltete. Und so sehr der Nationalsozialismus gerade als Kriegspartei funktionierte, die sich gegen die ganze Welt erhob, um die perverse Phantasie eines tausendjährigen, von der arischen Rasse beherrschten Reiches zu verfolgen, so sehr war dies möglich, weil die Armee zusammen mit allen Spitzenkräften des deutschen Staates und der Wirtschaft an ihm festhielt. Dementsprechend ist der Krieg im Sinne Schmitts, d.h. als der eigentliche Motor der Politik, als ein mehr oder weniger latenter oder offener Krieg zu verstehen, bei dem es um die Macht geht, über die staatliche Souveränität zu entscheiden.
Unter den vielen Begriffen, die für Foucault unverdaulich sind, ragt jedoch der der Souveränität heraus. Was ihn an der Macht (d.h. der Macht das Zusammenleben einer Bevölkerung zu kontrollieren) und ihrer Geschichte am meisten interessiert, sind nicht ihre Zentren oder Gipfel, sondern vielmehr ihre allgegenwärtige, sozusagen horizontale und verstreute Diffusion innerhalb der Gesellschaft. Ihr privilegiertes Konzept ist daher dasjenige, das mit dem Neologismus “Gouvernementalität” vorgeschlagen wird. Es handelt sich dabei um einen völlig singulären Begriff, der jedoch eine beträchtliche akademische Anhängerschaft hatte und hat und mit dem man auf die Strategien und Techniken anspielt, die von den modernen westlichen Regierungen entwickelt wurden, um das Alltagsleben der von ihnen kontrollierten Gebiete von innen heraus bis hin zu den offensichtlichsten Sitten und Gewohnheiten zu überwachen und zu verändern. Der Krieg als ein Blickwinkel, als Handlungsrealität oder zumindestens die militärische Disziplinierung in ihren verschiedenen Ausprägungen gehören daher in Foucaults Studien zu den privilegierten Quellen für die Ausarbeitung und Umsetzung dieser “staatlichen” Techniken und Strategien. Techniken und Strategien, die für die Konditionierung von Subjekten und schließlich von Bürgern funktional sind und sich im Laufe der Jahrhunderte bis in die Gegenwart hinein entwickelt haben. Daher ist auch für den französischen Philosophen, wie für Schmitt, jede politische Entscheidung immer offenkundig oder latent durch Kriegsbedingungen determiniert, aber nicht von Führern oder souveränen Zentren vorbereitet (wie für den deutschen Juristen), sondern von Experten im Dienste der herrschenden Mächte ausgearbeitet, die stets darauf bedacht sind, die Vielzahl der ihrem Einfluss unterworfenen Subjekte zu reglementieren. Die Analyse, die Entschlüsselung, das Wissen und die Bekanntmachung dieser Kombination von Macht und Wissen “staatlicher” Art wurde in der Tat zu einem der ersten Ziele der von Foucault durchgeführten Forschungen, die darauf abzielten, die Kämpfe und sozialen Bewegungen, die zwischen den 1960er und 1980er Jahren im Westen existierten, darüber aufzuklären, welches die wirklichen Feinde waren, die es zu bekämpfen galt.
3. Aber bedeutete die Tatsache, dass die vorherrschende Dimension der Macht kriegerischer Natur war, dass auch die Kämpfe, der Widerstand und die sozialen Bewegungen gezwungen waren, das Terrain des Krieges zu akzeptieren und sich somit zu militarisieren? Foucault selbst vermied es, sich ganz explizit zu diesem Thema zu äußern [3], aber es ist bemerkenswert, dass seine größte Aufmerksamkeit für das Thema Krieg 1976 endete, als terroristische Gruppen begannen, in die antikapitalistischen Bewegungen in Italien, aber auch in gewissem Maße in Frankreich Einzug zu halten.
Es ist nicht zu übersehen, dass auch die Wiederentdeckung Schmitts in Italien, aber auch anderswo, in diesen Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Doch während Foucault zu einem Autor wurde, der nicht nur in Universitätskreisen, sondern vor allem in den antikapitalistischen Bewegungen gelesen und diskutiert wurde, war Schmitt wiederum Gegenstand von Reflexionen (und zwar nicht nur im akademischen Bereich) vor allem auch bei den Politikern, die die öffentliche Gewalt ausüben. Dies ging so weit, dass Neologismen wie “Dezisionismus” verwendet wurden, um von einem Staatsstil zu sprechen, der zu Notstandsregelungen, insbesondere gegen den Terrorismus, neigt. Wenn Schmitt in Italien, vor allem dank Trontis berühmtem Autonomia del politico [4], wie nie zuvor zu einer unumgänglichen Referenz auch für die Linke wurde, so ist es vor allem Toni Negri zu verdanken, dass Foucault als privilegierter Autor der antikapitalistischen Bewegungen [5] gefördert wurde.
Diese sehr kurzen Anmerkungen erheben natürlich nicht den Anspruch, einen tieferen Einblick in das Denken von Schmitt und Foucault zu geben, die gleichwohl bedeutende Autoren bleiben. Ihr Werk ist es wert, viel umfassender und komplexer betrachtet zu werden, auch wenn es nur um das hier behandelte Thema geht, das mit diesem simplen Hendiadyoin symbolisiert wird: Politik und Krieg. Das, was über Schmitt und Foucault gesagt wurde, kann jedoch von einigem Nutzen sein, wenn man es mit der Ausgangshypothese vergleicht, die allem zugrunde liegt, was wir hier erörtern: die Annahme von Clausewitz, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik ist und nicht umgekehrt.
Greifen wir also diese Annahme auf und versuchen wir, die Nachteile ihrer Umkehrung zu begreifen.
4. Die offensichtlichste betrifft das Unrecht, das dem “Genie”, wie Marx es ausdrückte, von Clausewitz’ eigenem Werk “Vom Krieg” angetan wird. Ein Werk, das, obwohl es unvollendet bleibt und sich auf der Ebene von nicht immer kohärenten Notizen bewegt, sicherlich ein seltenes Verdienst bewahrt. Das Verdienst, den Krieg als eine ganz spezifische Modalität identifiziert zu haben, die ihn von allen anderen Formen der Gewaltausübung unterscheidet: spontan, individuell oder kollektiv, wie im Fall von sozialen Kämpfen, Klassenkämpfen oder Revolten. Was einen Krieg zu einem solchen macht, ist nach Ansicht des preußischen Generals die Tatsache, dass er organisiert ist: organisiert auf eine besondere Art und Weise, mittels kollektiver Ad-hoc-Figuren, bei denen es sich um mehr oder weniger reguläre Armeen handeln kann, wenn sie von Staaten oder souveränen Institutionen, die mehr oder weniger als solche anerkannt sind, unterstützt werden, oder um offen irreguläre Banden, wie im Fall des spanischen oder südtiroler Guerillakriegs zur Zeit Napoleons, oder auch im Fall der Partisanen in Italien und anderen Ländern, die während des Zweiten Weltkriegs Schauplatz des bewaffneten antifaschistischen Widerstands waren. Die alte Annahme von Clausewitz, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist, besagt genau das, was auch heute noch relevant ist: dass der Krieg niemals ein Schicksal ist, das von gegensätzlichen Gefühlen oder Interessen diktiert wird, sondern immer und in jedem Fall ein Phänomen der Gestaltung, eines spezifischen Organisationstyps ist, der durch die politischen Strategien, die von dazu fähigen kollektiven Subjekten beschlossen, gefördert, mobilisiert oder umgekehrt depotisiert, demobilisiert wird.
Diejenigen, die am Ansatz von Schmitt oder Foucault festhalten, sehen in dieser politischen und organisatorischen Dimension des Krieges nichts besonders Relevantes. Und sie werden sagen, dass, sofern es möglich ist, einen Krieg zu organisieren, dieser auf einer grundlegenden Feindseligkeit zwischen zwei oder mehreren Bevölkerungen beruht, die aufgrund ihrer Natur und/oder ihrer Geschichte viel eher dazu neigen, sich gegenseitig zu bekämpfen, als politische Lösungen zu suchen. Ähnliche Argumente tauchen auch heute noch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine auf. So argumentieren die Befürworter des von der Zelenski-Regierung organisierten “Widerstands” gegen die russische Invasion immer noch so, als sei die von der Regierung Zelenski geförderte Politik (die in Wirklichkeit der NATO absolut hörig ist) nichts anderes als die unvermeidliche Folge der angeblich angestammten Feindseligkeit des ukrainischen Volkes, das seit jeher als Opfer der traditionellen kolonialen und imperialistischen Gelüste des Kremls betrachtet wird.
Der springende Punkt liegt hier in der dialektischen Beobachtung, die Clausewitz’ Argumentation stets zugrunde lag, dass nämlich die Politik eint, wo der Krieg trennt. Das bedeutet nicht, dass Politik immer gut ist, während der Krieg immer schlecht ist. Es bedeutet vielmehr, dass es ohne eine Politik, die eine organisierte Gruppe von Kämpfern eint, gar nicht möglich ist, sich an einer wirklichen Kriegsführung zu beteiligen, die mit der Waffe in der Hand durchgeführt wird. Ein offensichtliches Beispiel dafür liefern die Geschichten unseres italienischen Widerstands, wenn sie davon berichten, dass das bewaffnete und kampfbereite Überleben der Partisanen immer oder fast immer von ihrem organisierten und politisch kohärenten Zusammenschluss abhing, während isolierte Antifaschisten, egal wie mutig sie im bewaffneten Kampf waren, in der Regel eine leichte Beute für die Republikaner und die Nazis waren (mit der Ausnahme, um es einmal so auszudrücken, der heroischen Figur des von Fenoglio erdachten Partisanen Johnny).
Wenn die Politik dort eint, wo der Krieg trennt, liegt das daran, dass die Feindseligkeit gegenüber dem Feind nur eine von vielen strategischen Möglichkeiten ist, um eine oder mehrere Völker zusammenzuschließen, während für die zweite Option der Hass und die Feindseligkeit gegenüber tatsächlichen oder vermeintlichen Feinden die einzige und unvermeidliche Notwendigkeit sind. So wird verständlich, warum der Gedanke, das Clausewitzsche Diktum umzustoßen, wie bei Schmitt und Foucault, ein Symptom für einen ebenso pessimistischen und fatalistischen wie deterministischen Ansatz ist, der die politische Suche nach Alternativen zum Kriegskonflikt vorschnell verachtet und das Wort lieber den Waffen überlässt.
Dies ist ein Symptom, das bereits Ende der 70er Jahre zu beobachten war, als die revolutionären politischen Experimente, die vor und während des schicksalhaften Jahres 1968 ausgelöst worden waren, zu versiegen begannen, während die Versuchungen, sie in vergebliche terroristische Gesten zu verwandeln, zunahmen, und gleichzeitig auf der anderen Seite die Regierungen, vor allem in Italien, aber auch anderswo, eine außerordentlich reaktionäre Politik intensivierten. Es ist kein Zufall, dass gerade in einem solchen historischen Kontext die Idee, das Clausewitz’sche Diktum umzukehren, also den Krieg über die Politik zu stellen, am erfolgreichsten war und auch den Erfolg der Werke von Schmitt und Foucault begünstigte. Natürlich markierte all dies auch die allmähliche Sackgasse jener marxistischen und kommunistischen Position, die in Clausewitz, wörtlich gelesen, ohne Umkehrung, eine entscheidende Inspirationsquelle gesehen hatte.
Zwischen damals und heute ist Zeit vergangen, aber man weiß nicht, wie fruchtbar. Ein Zweifel, der aufkommt, wenn man beobachtet, wie auf der Meinungsebene, sogar auf der Linken, die NATO-Propaganda gute Karten hat, wonach es bei einem Invasionskrieg, wie dem russischen in der Ukraine, keine andere politische Option gibt, als den Krieg zu eskalieren, ohne Rücksicht auf die Aussicht auf eine immense globale Katastrophe, die dadurch offengelegt wird.
Wer sich wie der Autor nie über die Sackgasse gefreut hat, in die die marxistische und kommunistische Tradition geraten ist, muss genau hier wieder ansetzen: indem er Clausewitz wieder auf die Beine stellt, aber auch indem er zugibt, dass sich auch in dieser Tradition die Kämpfe und Politiken der Emanzipation gerade deshalb erschöpft haben, weil auch sie zumeist in den kriegerischen Begriffen der militärischen Konfrontation konzipiert und organisiert wurden.
Doch davon bei anderer Gelegenheit.
Anmerkungen
[1] C. von Clausewitz, Della guerra (Vom Kriege, 1832), übersetzt. A. Bollati – E. Canevari, Mondadori, Mailand 1997.
[2] C. Schmitt, Der Begriff des Politischen (Erstausgabe 1927), in: Le categorie del politico, hrsg. von G. Miglio – P. Schiera, Il Mulino, Bologna 1973: “Der Krieg ist also nicht Ziel und Zweck oder auch nur Inhalt der Politik, sondern ihre allgegenwärtige Voraussetzung als reale Möglichkeit, die das Denken und Handeln des Menschen in besonderer Weise bestimmt und so ein spezifisches politisches Verhalten hervorruft” (S. 117). M. Foucault, Bisogna difendere la società (Il faut défendre la société, 1997), herausgegeben von M. Bertani – A. Fontana, Feltrinelli, Mailand 2009, das die 1976 am Collège de France gehaltenen Vorlesungen enthält: “Die Macht ist der Krieg, die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Dies ist die Umkehrung der These von Clausewitz und besagt, dass Politik ein mit anderen Mitteln fortgesetzter Krieg ist […]. Politik als Krieg zu definieren, der mit anderen Mitteln fortgesetzt wird, bedeutet, dass Politik die Sanktionierung und Aufrechterhaltung des Ungleichgewichts der Kräfte ist, das sich im Krieg manifestiert” (S. 22-23).
[3] Dabei geht er sogar so weit, kämpferische Anspielungen zu machen wie: “Die Umkehrung des Clausewitz’schen Aphorismus würde bedeuten, dass die endgültige Entscheidung nur im Krieg fallen kann, d.h. in einem Kräftemessen, in dem am Ende nur noch die Waffen zu entscheiden haben. Die letzte Schlacht wäre das Ende des Politischen, das heißt, nur die letzte Schlacht würde die Machtausübung als ständigen Krieg endgültig aufheben” (Foucault, Man muss sich verteidigen, a.a.O., S. 23). Und weiter: “Es genügt nicht, den Krieg als Erklärungsprinzip wiederzuentdecken, sondern es ist notwendig, ihn zu aktivieren. Man muss ihn dazu bringen, die latenten und tauben Formen aufzugeben, in denen er fortbesteht, ohne dass wir uns dessen voll bewusst sind, um ihn zu einer entscheidenden Schlacht zu führen, auf die wir uns vorbereiten müssen, wenn wir siegreich sein wollen” (ebd., S. 231).
[4] M. Tronti, Sull’autonomia del politico, Feltrinelli, Mailand 1977.
[5] Siehe das Interview von E.C. Sànchez, Toni Negri: Marx und Foucault, Dezember 2017, www.euronomade.info.
Der Beitrag wurde auf italienisch am 28. Februar 2023 auf Machina veröffentlicht. Wie häufiger, kochen sofort Widersprüche und Einwürfe bei Übersetzer und Blog hoch, was wiederum die Nützlichkeit der Übersetzung und Veröffentlichung mehr als belegt. Vor allem wenn man sich die erbärmlichen (linken und ‘anarchistischen’) Diskurse hierzulande zu dem Thema anschaut, die sich letztendlich, in Ermangelung jeglicher eigenen Fähigkeit zur materialistischen Analyse, an dem Manifest und der Kundgebung von Schwarzer, Wagenknecht und Co abarbeiten.