Cesare Battisti
Weggesperrt, die Schlüssel weggeworfen, im Hungerstreik bis an die Grenze des Todes aus dem Trakt gekämpft wo man ihn zusammen mit Islamfaschisten eingekerkert hatte, die ihm, bei seinem unversöhnlichen Bekenntnis seiner Zuneigung für den kurdischen Befreiungskampf, nach dem Leben trachteten. Und immer und immer wieder diese Liebe zu den Worten, der Poesie, den winzigen Fluchten, die den Gefangenen bleiben. Eine weitere Übersetzung eines Textes aus dem Knast, der im italienischen Original auf Carmilla erschienen ist.
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Ein paar Tage lang verschanzte er sich in seiner Zelle. An die frische Luft zu gehen bedeutete, sich mit dem Gefängnis zu vermischen, gegen die Wände und den Schmutz zu stoßen, der sie zusammenhielt, das Bedürfnis und die Scham zu spüren, sich an den Machenschaften zu beteiligen. Mit jedem Wort, das er sprach, begann er zu sterben, nur um seine Zeit zu verkürzen. Er konnte es nicht ertragen und kauerte sich zusammen, wie die Beute, die ihre Augen schließt, um den Angriff abzuwehren. Eine Art passiver Selbstmord, der erste Versuch, dem sich jeder Neuankömmling unterwirft.
Es ist der Moment, in dem das Gefängnis uns alle zusammenführt, stark und schwach, groß und klein, unschuldig oder schuldig. In der tiefsten Ohnmacht gibt es einen Punkt, an dem etwas zerbricht. Die Dämme brechen, und wie ein Märtyrer, der sich für Gott opfert, wartet das ausgedörrte Land nur darauf, von einer Flut der Veränderung überschwemmt zu werden. Aber der erlösende Tod kommt nicht, und so, losreißend den Körper von der schmutzigen Decke, sucht er nach dem Punkt, an dem er die Schlinge befestigen kann, falls er es wirklich nicht mehr aushält. Es gibt diejenigen, die dem Gefängnis keine einzige Minute mehr schenken wollen, und so stehen sie mit geschlossenen Augen auf, zerreißen das Laken und beginnen zu flechten. Es ist bekannt, dass die meisten Selbstmorde im Gefängnis in den ersten Tagen der Inhaftierung geschehen.
Das Seil ist die Hoffnung, an der der Gefangene die Tage und Stunden der Qualen aufhängt, es ist auch der Ausweg, den er sich vor Augen hält und dank dessen er den Mut findet, ins Freie zu treten. Die zerkochten Nudeln mit Soße zu schlucken und sich in den erstaunten Gesichtern seiner Kameraden zu spiegeln, sich an die ruppigen Ausdrücke der von der Arbeit abgestumpften Wärter zu gewöhnen, an die Luft zu gehen, ohne etwas zu erwarten und sich zu sagen, dass es nur für kurze Zeit sein wird, weil ihm niemand das Seil wegnehmen kann. Und so kommt es, dass die Füße den Boden berühren, die Beine sich von selbst bewegen, die Schritte gleichmäßiger und schneller werden. Die Gefangenen werden zu Menschen und das Geschnatter ist kein Lärm mehr, sie scheinen ihm etwas sagen zu wollen und so beginnt der Neuankömmling zuzuhören. Dann hört er auch auf, den Blick auf den Boden zu richten und ertappt zufällig ein Lächeln, einen ernsten Ausdruck, eine Geste, die etwas anderes sagt: Es ist das Gefängnis, das in seine Adern dringt. Aber es ist nicht leicht, mit der Flut von Verhaltensregeln im Gefängnis zu leben, es wird die härteste Prüfung seiner Laufbahn sein.
Manche bestehen sie nicht zwangsläufig, andere verzichten von Anfang an darauf, manche kommen nicht zur Ruhe. Aber der Neuankömmling ist vorsichtig, akzeptiert die Inhaftierung in kleinen Dosen, will sich der Normierung widersetzen, will nicht auffallen. Der Freiheitsentzug selbst ist vielleicht nicht das schlimmste aller Übel. Zu langes Eingesperrtsein kann zu Wahnvorstellungen führen, aber selbst das wäre ein menschliches Ventil, eine gesunde Reaktion, die der unvermeidlichen Verflachung des Gehirns vorzuziehen ist. In einem kleinen, überfüllten Raum muss man an den Wänden entlang krabbeln, um nicht die Aufmerksamkeit verärgerter Wächter und Räuber zu erregen. Der Neuankömmling lernt also, sich unsichtbar zu machen und aus den stumpfen Gesichtern das eine oder andere für ihn wichtige Signal herauszulesen. Seinen Verstand zu zügeln, seinen Herzschlag zu drosseln sind unerlässliche Vorgehensweisen.
Inzwischen weiß er, dass er ein Gefangener ist, er weiß, dass er eine Maschine im Standby-Modus ist. Die Wartezeit wird lang sein, Energie muss gespart werden: zum Geist seiner selbst werden, um kein Molekül des Lebens an das Gefängnis abzutreten. Das könnte eine Lösung sein, will er glauben, aber so funktioniert es nicht. Man geht nicht durchs Feuer, ohne zu verbrennen, genauso wenig wie man ungestraft Gefängnisluft atmet. Mit List und etwas Glück kann man bestenfalls den Schaden begrenzen, zumindest die Stunde hinauszögern, in der der Verstand nicht mehr reagieren wird. Aber am Ende, wenn der lang ersehnte Moment kommt und die ersehnte Tür für ihn geöffnet wird, hat der gestandene Häftling nicht einmal mehr die Fähigkeit zu erkennen, dass der Neuling alles, was er war, nach und nach zum Verschmieren einer Gefängnismauer benutzt hat.