Unter dem Druck eines “furchtbaren Wörterbuchs”, das die semantische Unverhältnismäßigkeit zu einem Schlachtross macht, wäre es um der Realität willen gut, sich oft zu fragen, was die Bedeutung von Wörtern ist, vor allem von den am meisten geplapperten.
Natürlich braucht man keine anspruchsvollen philologischen Kenntnisse, um die Dinge richtig zu benennen: Es genügt, den Journalisten zu misstrauen, die Fakten der Erinnerung mit der Beobachtung der Gegenwart zu verknüpfen und schließlich Wahrheit von Fiktion zu unterscheiden.
Alfredo Cospito wird beschuldigt, ein Massaker gegen den Staat begangen zu haben. Er befindet sich seit mehr als hundert Tagen im Hungerstreik und kämpft gegen den 41bis. Ein etwas merkwürdiges Massaker, wenn man bedenkt, dass die Tat, für die er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde (zwei kleine Sprengsätze vor der Carabinieri-Kaserne), weder Tote noch Verletzte zur Folge hatte.
Wie definiert man also ein Massaker?
Jeder würde mit dem Hinweis auf eine große Anzahl von Opfern antworten, aber wenn man diese Frage einem Einwohner von Taranto stellt, könnte die Antwort sehr deutlich ausfallen und zum Nachdenken anregen. Sie würden es anhand der täglichen Todesfälle durch Neoplasmen und Tumore definieren, sie würden es anhand von Daten über den ungeheuerlichen Zusammenhang zwischen der Produktivitätssteigerung des Stahlwerks von Taranto und dem Auftreten von Krebserkrankungen beschreiben, oder anhand von Arbeitsunfällen und Todesfällen, Tote, die für den Kapitalismus geopfert werden. Ein Massaker, dessen Anstifter wir auch kennen, der italienische Staat mit seinen 12 Dekreten zur Rettung der ILVA Stahlwerke und den verschiedenen kriminellen Schutzschilden, um die direkt Verantwortlichen der Umweltkatastrophe zu schützen.
Staatliches Massaker.
Und dann die Erpressung mit Arbeitsplätzen, die militärische Kolonisierung und die Internierung von Immigranten im Hotspot am Handelshafen, direkt unter den Förderbändern des Mineralstaubs der Eisen- und Stahlwerke. Eine widerwärtige Kombination aus logistischer Effizienz und Unmenschlichkeit. Eine Konzentration inakzeptabler Zustände, die, mehr oder weniger verschleiert und verwässert, fast überall anzutreffen ist. Bei näherer Betrachtung.
Töten, Foltern, Vergiften ist für Staaten legal. Und wenn eine Brücke einstürzt oder ein mit Gas beladener Tankzug explodiert, wie in Genua oder Viareggio, dann ist das ein Massaker, aber egal, die Justiz wird schon ihre Arbeit machen. Vertrauen, Leute!
Was also hat ‘das Massaker’ mit Cospito zu tun?
Viele Verfechter des Rechts und der verfassungsmäßigen Garantien haben die Unverhältnismäßigkeit der Strafe und die ihrer Meinung nach unerklärliche Verbissenheit gegenüber einem Staatsfeind angeprangert.
Und?
Cospito ist also ein Feind in Wort und Tat. Worte, die nicht beachtet werden dürfen, und Taten, die sich nicht wiederholen dürfen und die mit einer exemplarischen Strafe, der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe, geahndet werden müssen. Aber unter den Staatsfeinden ist Cospito weder der Erste noch der Letzte.
Im Meer des scheinbaren Unsinns treibt ein Hinweis: Nach Jahren der Ruhe, der Betäubung sozialer Konflikte, der Absprache mit den Bossen, der Delegation des Lebens an die Profis der Genesung, zieht ein Sturm am Horizont auf. Es ist weder sinnvoll noch unterhaltsam, mit Prognosen zu spielen, aber es ist auch nicht ganz selbstverständlich, dass wir angesichts der sich rapide verschlechternden allgemeinen Lebensbedingungen immer mit gesenktem Kopf reagieren.
Jenseits der Alpen, bei den massiven Demonstrationen gegen die Manöver der Regierung, taucht ein Schild auf: Watch your Rolex. Die Zeit für eine Revolution ist gekommen.
Anarchisten kämpfen nicht für die Vorherrschaft oder die Macht, sie kämpfen gegen die Macht, mit vielfältigen, einfachen und reproduzierbaren Mitteln, aber immer gegen diejenigen, die unterdrücken, die ausbeuten, die zerstören. Dies ist ein Umstand, den kein Staat tolerieren kann. Deshalb wird die “Linie der Härte” aus einer Schublade gezogen, die nie geschlossen wurde, eine Verteidigungslinie der Autorität, mit der der Staat, indem er Muskelkraft zeigt, auch die alte und nie besänftigte Angst vor sozialen Konflikten offenbart.
Es ist an der Zeit, dass die Angst das Lager wechselt.
Mit Alfredo für den sozialen Aufruhr
Anarchistinnen und Anarchisten
Dieser Text kursiert zur Zeit in gedruckter und digitaler Form in Italien. Die Verlinkungen im Text wurden zum besseren Verständnis vom Übersetzer gesetzt.